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AutorenbildChristian Olbrich

10. Tag der Fechtkunst, 2022

Fechten wie zur Zeit der Duelle: Das konnten wir auch dieses Jahr mit unserem "Tag der klassischen Fechtkunst" bieten - und zwar schon zum 10. mal! Gibt es eine bessere Art, ein solches Jubiläum zu feiern, als zusammen mit unseren Fechtfreunden die Klingen zu kreuzen?


Die Teilnehmer des 10. Tag der Fechtkunst
Die ganze Truppe versammelt

Und geboten haben wir unseren Teilnehmern in dieser Hinsicht einiges. Los ging's mit praktischen Seminaren zu ausgewählten Themen in kleinen Gruppen. Bei unserem Gastdozent Tobias Zimmermann aus München konnten die Fechter feste Stöße und Streichfinten nach der kreussler'schen Linie erproben. Die deutsche Schule war, als reine Duellschule, stets auf größtmögliche Sicherheit bedacht - wenn man die Klinge des Gegners gebunden hält, beherrscht man sie, beherrscht man den Gegner. Das unterscheidet sie von vielen anderen Fechtarten der Zeit. Obwohl die kreussler'sche Fechtweise zu ihrer Zeit bekannt und gefürchtet war - heute findet sich nur noch Tobias' "Fechtboden Zimmermann", der diese alte Kunst in Deutschland noch praktiziert. Eine Besonderheit also, auch für unseren Tag der Fechtkunst.


Nicht minder nützlich war das Seminar unseres Fechtmeisters Siegfried Raczkas, der verschiedene Riposten vorstellte. Ein berühmter Fechtmeister schrieb einmal, man könne die Mängel und Schwierigkeiten des einfachen oder direkten Angriffs durch den viel wirksameren Gegenangriff - das ist die Riposte - beheben und ersetzen. Und die Möglichkeiten zur Riposte sind nicht weniger vielfältig als die des Angriffs... Insbesondere die indirekten Riposten werden oft vernachlässigt, sind nach einem Schritt rückwärts aber fast zwingend erforderlich. Und wer, wie im Seminar behandelt, ein Coupé zur Riposte ansetzt, der kann sich des erschrockenen Gesichtsausdruck seines Gegners gewiss sein!


Bei mir wiederum konnten die Teilnehmer einen Einblick in die italienische Fechtweise des späten 19. Jh., namentlich nach der Methode Barbasetti, gewinnen. Die Einladung nahm dort eine Sonderstellung ein, die sie vor ca. 1880 nicht hatte und mit der Modernisierung des Sportfechtens nach dem 2. Weltkrieg wieder verlieren sollte. Sie versteckt sich nicht, ist keine Falle, sondern lässt sich mehr mit einer alternativen Fechtstellung vergleichen. Doch nicht nur die technische Durchführung und taktische Anwendung lag im Fokus: Auch auf die Einbettung der späten italienischen Schule in ihren geschichtlichen Kontext wurde eingegangen. Bei so viel Inhalt ein wahres Kunststück für Kurzlektionen von gerade mal 20 Minuten!



Apropos Kurzlektionen: Wir haben eure Wünsche nach längeren Lektionen gehört - und werden den Seminaren in Zukunft gerne noch mehr Raum und Zeit geben ;-).


Bevor's mit den Freigefechten weiterging, durften wir das schöne Wetter noch auf der Terrasse des Goldenen Schiffs genießen. Und auch damit hatte Roberto als unser Veranstalter einen Volltreffer gelandet: Nicht nur das Flair wurde dem "bayerischen Venedig", wie Passau auch genannt wird, gerecht - auch das Essen war ganz hervorragend!



Und die dort getankte Energie sollte nicht ungenutzt bleiben. Den weiter ging's mit Eisen in der Faust, Sekundanten zur rechten und linken, mit den nachgestellten Duellen! Ganz nach Passauer "Duellkodex" ging es hier auf max. drei Treffer, wobei ein Kopf- oder Rumpftreffer das Gefecht sofort beendet. Ja, selbst einen gewissen Ersatz für den Respekt vor der spitzen Klinge kann man erkennen: Denn hier treffen sich verschiedene Schulen, unterschiedliche Fechter, die teils noch nie zuvor die Klingen gekreuzt haben. Das hier ist nicht nur irgendein Gefecht - hier präsentiert man die eigene Fechtschule. Und die soll auf jeden Fall einen guten Eindruck machen... Also bloß nicht getroffen werden, und auf gar keinen Fall einen Doppeltreffer riskieren!



Ob man nun einem erfahrenen Fechter wie unserem Sigi gegenübersteht, einem von Tobias' "schwarzen Rittern" mit ihrer ungewöhnlichen Fechtstellung, oder unserem Nürnberger Kollegen Özgen "Ossi" Senol, mit seinen Panther-schnellen Reflexen und exzellenten Mensurgefühl: Kein Gefecht gleicht dem anderen. Und am Ende des Tages (und das ist eine besondere Qualität aller unserer Teilnehmer) freut man sich über jeden eleganten, taktisch ausgefeilten und eindeutigen Treffer - egal ob gegeben oder erhalten.


Zwei Teilnehmer des Lehrgangs geben sich die Hand

Ausklingen ließen wir diesen erfolgreichen Tag des Fechtens schließlich im "Heiligen Geist" in Passau, zu einer kleinen Stärkung für den Heimweg. Wir freuen uns schon auf den nächsten "Tag der klassischen Fechtkunst" mit euch!

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