"Der Saal war klein, aber alles notwendige war vorhanden. Natürlich konnte man Einzellektionen in ihm geben, doch Freigefechte waren gleichermaßen möglich. Auf den Stühlen, die der Wand entlang aufgereiht waren, warteten die anderen Fechter, die einen auf ihre Lektion, die anderen darauf, das gelernte in die Praxis umzusetzen. Es fehlte an nichts: Elektrizität, Heizung, Bad - da fiel es schwer, nicht von den Annehmlichkeiten Gebrauch zu machen."
Wer schon einmal in einem unserer Hofdegen-Lehrgänge teilgenommen hat, der möchte jetzt rufen: "Na klar, das ist unser Fechtsaal in Schloss Zdíkov!". Aber nein, tatsächlich handelt es sich um die Beschreibung des Fechtsaals eines bekannten Fechtmeisters des 19. Jahrhunderts. Dass die Bilder so zum Verwechseln ähnlich sind fasst das Zdíkov-Erlebnis aber eindrucksvoll zusammen. Unsere Hofdegen-Lehrgänge sind doch immer wieder auch eine Reise zurück in die Vergangenheit. Und auch diesen Herbst war diese Reise wieder ein voller Erfolg!
Das Fechtprogramm, der Kern des Lehrgangs, war diesmal recht anspruchsvoll, zumindest verglichen mit den letzten Lehrgängen, die sich stärker den Basisaktionen gewidmet hatten: Es ging um die indirekte Riposte. Diese gewinnt an Bedeutung, wenn die Parade - wie beispielsweise von La Touche, 1670, empfohlen - mit Schritt rückwärts ausgeführt wird. Allzu oft ist der Gegner vor unserer Riposte schon wieder am Aufstehen, hat damit Zeit für die Parade gewonnen und kann mit einem einfachen Nachstoß kaum noch getroffen werden. Die indirekte Riposte setzt genau da an, nutzt die Reflexparade des nervösen Gegners geschickt aus, zwingt den überlegten Gegner ebenso zur Parade, um diese dann zu umgehen und letztendlich ganz wo anders zu treffen. Eine ganze Reihe solcher Riposten, vorgestellt von und eintrainiert durch unseren beiden Fechtlehrern Sigi und Wolfgang, konnten die Teilnehmer damit in ihr Repertoire aufnehmen.
Apropos Annehmlichkeiten: Auch hier brauchen sich unsere Lehrgänge nicht von den gehobenen Fechtsälen der damaligen Zeit verstecken. Sauna, Bad, Massagen und sehr gutes Essen runden das Wochenende ab. Auch eine Führung in den Keller des Schlosses, dessen ältesten Teil, war geboten. Mit zu den Highlights zählt natürlich auch der barocke Tanzabend, geleitet von Flo und Bea, der für viele Fechter genauso Teil des Lehrgangs ist wie das Fechten selbst. Nicht zuletzt ist dieser auch eine vorzügliche Gelegenheit, mit Fehdehandschuhen um sich zu werfen, was dem ein oder anderen Fechter schon einen regelrecht "vollen Terminplan" für den Folgetag beschert hat. Was soll ich sagen... Hofdegenfechter tun, was Hofdegenfechter nunmal tun :-)
Wir freuen uns jedenfalls schon auf den nächsten Lehrgang im Frühjahr - und auf viele fechtbegeisterte Teilnehmer aus allen Ecken Deutschlands und der Schweiz!