Es gibt verschiedene Hofdegen, auch Galadegen - im englischen Smallsword und im französischen Epeé genannt. Das Smallsword war sehr der jeweiligen Mode und dem "Geldbeutel" des Käufers unterworfen, manchmal waren die Degen von der Funktionalität her für das Fechten bzw. das Duell eher ungeeignet. Solche Waffen wurden als Schmuckstück zum Anzug des Edelmannes getragen und taugten nur zur Notverteidigung (die späteren Galadegen). Frühere Formen, bis ca. 1780 hingegen waren gefürchtete Duellwaffen. Der Degen war die Seitenwaffe des Edelmannes und der Offiziere und wurde zum Duell und zur Selbstverteidigung eingesetzt (Rencontre, ein Duell ohne vorherige Absprache). Einen Eindruck über die Vielfalt der Waffen bekommt man, wenn man in unseren Nachgüssen stöbert. Der Hofdegen ist eine leichte Stoßwaffe mit gerader Klinge. Er hat einen kleinen Handschutz (Stichblatt) und häufig einen Bügel um die Faust, den Faustbügel. Mit der Erfindung des Floretts in Frankreich um 1650 wurde eine Stoßwaffe zum Üben und Erlernen des Degenfechtens geschaffen.
Die klassische Florettechnik des modernen Sportfechtens unterrichtet in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich - aber es gibt auch sehr unterschiedliche Regeln zur Degentechnik. Der Wettbewerb beim Florettfechten hat wenig mit der Technik des Degenfechtens zu tun; das Sportfechten hat sich mit Einführung der elektrischen Trefferanzeige vom Duellfechten weg entwickelt, ist nun eine eigene Sportart, die nur noch ansatzweise mit der Verwendung scharfer Waffen in Verbindung gebracht werden kann.
Das Fechten mit dem Degen hat sich über viele Jahre hinweg entwickelt; Neues gibt es da nicht mehr. Daraus folgt, dass es verschiedene Stile gibt, die teils erheblich voneinander abweichen - viele frühe Fechtmeister waren Rapierlehrer an der für sie nun neuen Waffe.
Mode und die nach und nach entschärften Duellregeln veränderten auch das Aussehen des Hofdegens. Die nach 1800 gebauten Exemplare dienten i.d.R. nur noch der Optik, wurden als Beiwerk zur Bekleidung getragen und betonten den Rang des Trägers. Mit Einführung der steifen und leichteren Dreikantklinge ohne Schneidkante verlor der Hofdegen den großen Schutz für die Hand und wurde leichter, das Fechten wurde schneller und wendiger.
Die kleineren, leichteren Degen waren hervorragend für schnelle Aktionen geeignet, konnten aber mit den weiterhin existierenden schwereren Waffen leicht aus der Hand geschlagen werden.
Ziel eines Degenfechters/Duellisten ist es, die "Sache" schnell und für sich vorteilhaft zu Ende zu bringen. Das bedeutet in der Regel zu deaktivieren, zu töten, zu entwaffnen oder den Gegner zur Aufgabe des Kampfes zu bewegen, um schwere Schäden jeglicher Art zu vermeiden. Historisch gesehen war es nicht wünschenswert, den Gegner zu töten - wegen der sozialen Folgen und der damit einhergehenden Verfolgung durch die Obrigkeit, auch wenn die Strafen meistens nicht so hart waren.
Man hat auch immer wieder versucht, den Gegner zu entwaffnen. Das war dann der totale Sieg bzw. die totale Niederlage. Treffen, ohne selbst getroffen zu werden, stand jedenfalls immer im Vordergrund eines jeden Gefechts.
Um zu vermeiden, geschlagen zu werden, hat man stets versucht, dem Gegner seinen eigenen Willen aufzuzwingen, ihn also zu einer Aktion zu verführen, zu nötigen. Denn wenn man weis, was der Gegner macht, kann man leicht dagegen halten und so ohne großes eigenes Risiko einzugehen, den Feind schlagen.
Das Fechten mit dem Hofdegen entspricht im Wesentlichen der französischen Florettschule, wie diese im 18. Jahrhunderts gelehrt wurde. Insbesondere Angelo (1765) und Schmidt (1713) haben ausführlich darüber geschrieben.
Auch wenn etliche Fechthandlungen heute nicht mehr verständlich sind oder nur schwer nachvollzogen werden können, weil unser heutiges Fechten bereits zu sehr vom Fechten mit der elektrischen Trefferanzeige und vielen Regeln, die häufig nur dem Ablauf der Sportart dienen - geprägt ist, sollten doch einige entscheidende Merkmale für das Fechten mit dem Hofdegen bekannt sein.
Anfang 1800 gilt die französische Fechtschule als abgeschlossen. La Boessière hat sie in seinem 1818 erschienenen Fechtbuch beschrieben. Das Duell mit dem Degen war noch Realität.
Anmerkungen für das Fechten mit dem Hofdegen bzw. der klassischen französischen Schule:
Fechtstellung und Auslage
Eine Einladung, wie das Anbieten von Blößen, gibt es nicht. Man konnte sich dem Gegner beliebig gegenüberstellen. Die garde partagée - die geteilte Fechtstellung - wurde als die günstigste Ausgangsstellung für alle Bewegungen angesehen. Unterarm und Waffe bilden eine Linie. Der Fechtarm ist so weit vorgestreckt, dass Unterarm und Waffe eine Linie bilden. Die Waffe wird in Pronation gehalten und nur zum Stoß in die Supination genommen. Der Knauf liegt nicht am Puls auf.
Innen, Außen, über Arm, unter Arm, hoch, tief / über den Waffen, unter den Waffen
Man gibt die Waffe, man bindet oder lässt sich binden. Alle Aktionen erfolgen aus einer Bindung heraus. Die Stöße werden nach der Ausgangslage bezeichnet, nicht nach der Stelle, an der sie ggf. treffen.
Paraden
Verwendet werden Quart, Seconde, Prim, Terz und demi-cercle. Auch die Quart inwendig wird in Pronation gehalten, die Hand steht bestenfalls schräg (Halbquart).
Umgehung, Cavatione, Le dégagement
Eine Umgehung der Glocke/Brille gilt als fehlerhaft, dégagement ist die Umgehung der gegnerischen Klingenstärke.
Der gerade Stoß
Le coup droit - Arm und Waffe dürfen nie eine Gerade bilden. Der Stoß muss entfaltet werden. Die Hand wird aus der Terzposition in die Quart derart gedreht, dass die Fingernägel nach oben zeigen. Dann wird die Hand weit nach oben geführt und gegen die gegnerische Klinge gedrückt. Nach Schließung der Oppositionslinie ist der Fechter gedeckt und kann ausfallen.
Ausfall
In der alten französischen Schule wird der Ausfall nur durch Strecken des Standbeines im Kniegelenk ausgelöst, das Ausfallbein wird nicht weit auf die Ferse nach vorne geschleudert, sondern gleitet flach am Fechtboden vor.
La remise, la reprise
Wenn der Gegner nach geglückter Parade nicht sofort die Riposte setzt, hat der Angreifer 2 Möglichkeiten:
Gegner gibt Blöße frei - Angreifer richtet seine Spitze sofort wieder in die Blöße und
Wird die Blöße nicht freigegeben, muss der Angreifer die Klinge erneut ergreifen - la reprise.
Ein mehrfaches Stoßen gilt als fehlerhaft.
Les coups de temps
Parade und Riposte werden in einer Bewegung ausgeführt. Doppeltreffer? Es handelt sich um einen äußerst fehlerhaften Stoß - es fehlt ein Bestandteil, nämlich die Parade.
Battuta, les battements
Die "echten Schläge" - battements reels - werden nicht geschlagen, sondern lediglich durch eine Drehung der Hand ausgeführt. Die Waffenhaltung (Knauf weg vom Puls) lässt erahnen, dass der Punkt, an dem die Klinge an der gegnerischen anliegt, bei der Drehung der Hand eine Excenterbewegung ausführt. Kraftvolle Schläge sollen dagegen die gegnerische Hand erschüttern und zur Entwaffnung führen, was im Duell einem Todesurteil gleichkam.
Flanconade
Diese Aktion ist nur sinnvoll, wenn dabei die unbewaffnete Hand zum Einsatz kommt.
Coupé
Das Coupé - die Umgehung der gegnerischen Spitze, dürfte zu Zeiten des Duells ein unvorstellbarer Leichtsinn gewesen sein. Wenn es überhaupt zum Einsatz kam, dann wohl nur nach einer gegnerischen Bindung.
Hat jemand die in dem Audiobeitrag erwähnte Übersetzung von Zimmermann: W. Roux,
"Manual for the Art of Fencing According to Mathematical and Physical Principles"? Leider gibt es unter https://www.lulu.com/de/de/shop/dr-johann-wilhelm-roux-and-tobias-zimmermann/manual-for-the-art-of-fencing-according-to-mathematical-and-physical-principles/paperback/product-njw5k7.html?page=1&pageSize=4 keine Leseprobe.
Wieder etwas dazu gelernt, als Ergänzung: https://www.schwertgefluester.de/smallsword-degen-tobias-zimmermann/?fbclid=IwAR3IsqRm7tQlydP9-GBYdg9LahxG3R5UEjebwnheGNL9kwIKpuZZF_PiY_w