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Die Haltung der Waffe / Hofdegen mit und ohne Faustbügel

Aktualisiert: 18. Mai 2021

Entscheidend ist ohne Frage, welche Bauart der Degen hat. Es gab Waffen mit einem relativ langen Rikasso und solche, die praktisch kein Rikasso mehr hatten (spätere Datierungen, meist nach der 2. Hälfte des 18. Jh.).


Waffen mit relativ langem Rikasso hatten häufig zweischneidige Klingen, d. h., mit diesen Waffen wurden auch Hiebe durchgeführt. Einen Hieb mit dem Hofdegen kann man präzise nur dann setzten, wenn der Zeigefinger um die Parierstange gelegt wird, was später allgemein (der Degen ist nun ausschließlich Stoßwaffe) als nicht empfehlenswert geraten wird. Nachvollziehbar - wenn das Rikasso zu kurz ist, kann kein Finger durch den Fingerbügel geführt werden. Eine Auswahl an Hofdegen in den verschiedensten Ausführungen kann hier angesehen werden.


Der oft gebrachte Einwand, man könnte sich bei einer gegnerischen Entwaffnung den Finger verletzten, finde ich nicht erwähnenswert. Auch damals waren Entwaffnungen wohl eher die Ausnahme als die Realität.

Hofdegen mit langem und kurzem Rikasso
Waffen mit langem und kurzem Rikasso

Grundsätzlich muß jeder Fechter seinen Hofdegen so halten, dass dieser ihm bequem in der Hand liegt und er technisch einwandfreie Aktionen durchführen kann.


Ein Zitat: wie einen Vogel in der Hand. Halten wir ihn zu fest, wird er zerdrückt, halten wir ihn zu locker, fliegt er uns davon.


Haltung des Hofdegens in Supination und Pronation
Supinationshaltung <- Finger durch Fingerbügel geführt -> Pronationshaltung
Haltung des Hofdegens ohne Finger durch die Fingerbügel.
Supinationshaltung <- Finger nicht durch Fingerbügel geführt -> Pronationshaltung
Hofdegenhaltung mit Finger durch die Fingerbügel.
Gründliche und vollständige Anweisung in der deutschen Fechtkunst auf Stoß und Hieb, 1798 (links) und Finger durch Bügel geführt (rechts)

Hofdegen, Frankreich, 1750

Haltung des Hofdegens nach Angelo.
Haltung des Hofdegens nach Angelo
Haltung des Hofdegens nach Angelo, andere Position.
Haltung des Hofdegens nach Angelo, andere Position

Haltung des Hofdegens, Verfasser umstritten, 1798


"am besten und bequemsten faßt man den Degen so, daß der Daumen mit dem obern Gliede auf das Kreuz nach der Richtung der Klinge, der Zeigefinger aber auf der entgegengesezten Seite längst den Parirstangen zu liegen kömmt, doch ohne damit am Stichblatt selbst hart anzulehnen: die übrigen drei Finger müssen den Griff fest in sich schließen, und zwar, daß der Knopf seitwärts außer der Faust sieht, damit er bei dem Einbiegen der Faust sich nicht in das Gelenke stemmen kann.


Den Zeigefinger hüte man sich zwischen dem Stichblatt und den Parirstangen durchzustecken, weil man ihn währenden Fechtens bei Legaten und Battuten des Feindes leicht brechen könnte. Uebrigens gewöhne man sich, dieser Art, den Degen zu halten, unter dem Fechten unverändert getreu zu bleiben, immer einen gleichfesten Schluß der Finger damit zu verbinden, und ihn nie spielend in der Hand herumzuwenden."


Film-Ausschnitt: Haltung des Hofdegens mit Handschuh.

Der Daumen liegt oben auf dem Kreuz auf und ist ca. 2 - 2,5 cm von der Brille/Coquille entfernt. Der Zeigefinger liegt darunter auf der Parierstange - oder wird durch den Fingerbügel geführt (sofern die Bauart des Degens dies ohne Probleme ermöglicht).

Die Garde (Ausgangsstellung, Auslage)wird meist in Supination, also Quartstellung,eingenommen in der Art und Weise, dass die Klingenspitze unter der eigenen Faust zu liegen kommt; die Spitze bedroht die untere Trefffläche, die Parierstange liegt waagrecht.



Die italienische Auslage, Kupferstich.

Haltung des Hofdegens nach F. Kahn, Fechtmeister in Göttingen, 1739

hier der Originaltext:


"Der Degen läßt sich nicht so gut halten als das Rappier oder Florett. Bey dem Degen ist also besonders anzumerken, daß man nicht übel thue, wenn man sich gewöhnet, den einen Finger bey der Parierstange durchzulegen, wo anderst die Beschaffenheit des Degens leidet. Denn wo diese zuwieder ist verstehet sich von selbst, daß man ihn nach der obigen Art wie die übrigen drey gebrauchet, weil man eines theils dadurch keine mehrere Festigkeit erlangen, sondern nur anderen theils der Gefahr sich unterwerfen würde, daß der Finger, welcher über das Stichblatt hervorragen würde, gar leicht getroffen werden könte. Gehet es aber an, den Finger bei der Parierstange durchzulegen, so dienet es zu der Festhaltung nicht wenig; und mag dagegen nichts verfangen, daß andere einwenden, auf solche Weise könte der Finger bey einer Ligation oder sonst gar leicht gequätschet wo nicht gar abgebrochen werden. Denn, gleichwie dies nicht wol anders geschehen könte, als wenn man in den Stand gesetztet würde, den Degen fallen zu lassen, welches aber fast der äußerste Fehler ist, den man im Fechten begehen kan; so darf man dieses zu keiner Einwendung machen. Sollte es aber auch wieder alles Vermuthen dahin kommen, so überlasse ich eines jeden Beurtheilung, ob es nicht vernünftiger sey, den Finger etwas Noth leiden zu lassen, als sich ganz entfafnet zu sehen". (Anton Friedrich Kahn, Fechtmeister auf der Georgius Augustus Universität zu Göttingen, 1739)


Garde (Auslage, Fechtstellung, Lager) und Stöße


Die Hofdegenschule arbeitet i.d.R. mit zwei Faustlagen: Pronation und Supination, zu deutsch: Ristlage und Kammlage.


Bei der Supination zeigen die Fingerspitzen nach oben (der Handrücken nach unten), bei der Pronation umgekehrt, also der Handrücken ist oben und die Fingerspitzen sind unten.

Die Supinationshaltung wird als Quarte bezeichnet. Es gibt Quart innen und Quart außen. Quart außen ist das, was später im französischen Sixte genannt wird. Aus diesen beiden Faustlagen leiten sich alle Stöße und Paraden ab.


Der Supinationsstoß wird als Quartstoß bezeichnet, der Pronationsstoß als Terz- und/oder Secundstoß. Ob ein Stoß in Supination oder Pronation geführt wird hängt davon ab, wo der Treffer landen soll.


Als Faustregel gilt: Angriffe erfolgen i.d.R. in der Supinationsstellung (Quartstoß), Riposten - wenn die Parade eine Terz/Secondparade war, in der Pronationsstellung. Entscheidend ist aber, welche Stellung dem Fechter selbst am angenehmsten ist und wie er am sichersten seine Treffer zu setzten vermag.


Wie sich die Verwendung des Hofdegens sonst noch von der modernen Waffenführung unterscheidet, kann in unserem Artikel zur Verwendung des Hofdegens nachgelesen werden.


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